Arbeitsverträge für Arztpraxen
Darauf sollten Ärzte achten
Sobald Ärztinnen bzw. Ärzte eine Praxis eröffnen, erfüllen sie eine dreifache Rolle. Sie sind nicht mehr nur Mediziner:innen, sondern auch Unternehmer:innen und in den meisten Fällen auch Arbeitgeber:innen. Deshalb drohen gerade jüngeren Ärztinnen und Ärzten juristische Fallstricke im Arbeitsrecht, insbesondere bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen für Arztpraxen. In diesem Beitrag klärt Rechtsanwältin Gabriele Leucht über die wichtigsten Herausforderungen auf, die Ärztinnen und Ärzte in ihrer besonderen Rolle als Arbeitgeber:in erwarten.
Der Arbeitsvertrag für Arztpraxen – Form und Inhalt
Auch wenn ein mündlicher Arbeitsvertrag laut Arbeitsrecht wirksam und bindend ist: Legen Sie einen Arbeitsvertrag ausnahmslos schriftlich fest und lassen Sie ihn von beiden Seiten handschriftlich unterschreiben. Sorgen Sie dann dafür, dass jede Partei ein von beiden Seiten unterschriebenes schriftliches Exemplar erhält.
Dieses Dokument schafft Sicherheit für Arbeitgeber:in und Beschäftigte – ganz gleich, ob es sich um eine angestellte Ärzt:in, medizinische Fachangestellte oder Verwaltungsmitarbeiter:innen handelt.
Regeln Sie im Arbeitsvertrag auf jeden Fall folgende Eckpunkte der Zusammenarbeit, da es der Erfahrung nach insbesondere hier immer wieder zu Unstimmigkeiten und Streitigkeiten kommt. In § 2 Nachweisgesetz ist festgelegt, welche Regelungen im Arbeitsvertrag enthalten sein müssen. Seit 1. August 2022 in verschärfter Form.
Für Arztpraxen haben diese Inhalte besondere Bedeutung:
- Arbeitsort
- Tätigkeitsart
- Befristung
- Kündigungsfrist
- Arbeitszeit (auch im Hinblick auf mögliche Bereitschaftsdienste und mögliche Mehrarbeit)
- Vergütung (inkl. möglicher weiterer Gehaltsbestandteile, Überstundenvergütung etc.)
- Urlaub
Beim Formulieren von Arbeitsverträgen für Arztpraxen sollten Sie sich unbedingt juristisch beraten lassen. Es lohnt sich. Denn mit einwandfrei gestalteten Arbeitsverträgen vermeiden Sie unnötige arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen mit Ihren Mitarbeiter:innen.
Wenn Sie als ärztlicher Arbeitgeber einen Arzt oder eine Ärztin einstellen möchten, sind besondere Details zu berücksichtigen. So verlangt die Kassenärztliche Vereinigung bereits bei der Zuteilung eines Zulassungsstatus für eine Praxis einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Im Vorfeld gibt es dann in der Regel auch von Seiten der anzustellenden Ärztinnen bzw. Ärzte noch detaillierte Fragen zum Arbeitsverhältnis, die Sie am besten mit fachanwaltlicher Unterstützung beantworten.
Neben den o.g. Punkten empfehlen Arbeitsrechtler:innen, im Arbeitsvertrag für Arztpraxen unbedingt die sog. Ausschlussfristen zu regeln. Diese spielen immer dann eine bedeutende Rolle, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird und ausscheidende Arbeitnehmer:innen – bis zu einem Zeitraum von drei Jahren nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – noch rückwirkende Ansprüche wie Abbau von Überstunden, Lohn oder Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld geltend machen möchten. Diese Situation stellt ein massives Risiko für den ärztlichen Arbeitgeber dar, denn hier können rasch erhebliche Summen zusammenkommen.
Arbeitsverträge für Facharztgruppen
Es kann ratsam sein, als ärztlicher Arbeitgeber für unterschiedliche Fachgruppen separate Arbeitsverträge abzuschließen, etwa weil diese z.B. zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten. Auch in puncto Fachkenntnisse und Fortbildungsmaßnahmen, die eine Ärztin bzw. ein Arzt bei Anstellung einbringen muss, gibt es teilweise massive Unterschiede, die Sie als Arbeitgeber:in arbeitsrechtlich berücksichtigen sollten.
Arbeitsverträge bei Einzelpraxis, BAG und MVZ – gibt es Unterschiede?
Grundsätzlich unterscheiden sich rechtssichere Arbeitsverträge bei den genannten Organisationsformen von Arztpraxen nur in Details. Wichtig ist hier nicht die Gesellschaftsform, wie BAG oder MVZ, sondern die Größe der Belegschaft, weil diese einen Einfluss auf die Kündigungsvorschriften hat.
Änderungen in Arbeitsverträgen für Arztpraxen
Beschäftigungsverhältnisse in Arztpraxen können über Jahrzehnte dauern. Und im Laufe langjähriger Beschäftigung kommt es vor, dass einige der im ursprünglichen Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen entweder nach mündlicher Absprache der Parteien aber auch einseitig von Arbeitgeberseite geändert werden. Hier ist juristischer Rat wichtig.
Da Arbeitsverträge grundsätzlich auch mündlich abgeschlossen werden können, können sie auch mündlich abgeändert werden – es sei denn, dies wurde im Arbeitsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, etwa durch den Satz „Jegliche Änderungen an diesem Vertrag bedürfen der Schriftform, auch diese Klausel kann wiederum nur schriftlich abgeändert werden“ oder ähnliches.
Die Empfehlung von Arbeitsrechtlerin Gabriele Leucht: „Wenn Sie Änderungen am Arbeitsvertrag schriftlich festhalten, müssen Sie unbedingt die jeweils aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung beachten. Dafür braucht es Fachwissen.“ Das Bundesarbeitsgericht hat bereits des Öfteren entschieden, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag und dessen Schutzklauseln unwirksam wird, wenn eine Ergänzung ohne Zusätze stattfindet. Genauso kann es vorkommen, dass sich die Rechtslage, z.B. durch neue Rechtsprechung seit der Erstellung des ursprünglichen Arbeitsvertrages geändert hat. Dies muss bei der Änderung von Arbeitsverträgen ebenfalls berücksichtigt werden.
Die oft verwendete Klausel „Die übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom TT.MM.JJJJ bleiben bestehen“ ist dabei oft kontraproduktiv. Sie indiziert, dass man die alten Klauseln, trotz neuer Rechtslage, ungeprüft und nicht-aktualisiert weiter bestehen lassen möchte.
Wir empfehlen, einen individuell auf den ärztlichen Arbeitgeber zugeschnittenen Arbeitsvertrag fachanwaltlich erstellen zu lassen, um selbst offensichtliche arbeitsrechtliche Fallstricke von Beginn an zu vermeid
— Gabriele Leucht, Fachanwältin für Medizinrecht
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