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Arbeitsverhältnis ohne schriftlichen Arbeitsvertrag

08. Juli 2024

Beschäftigungsanspruch und Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses

LAG Rheinland Pfalz, 24.5.2023 (Az. 2 Sa 228/22), in Fortführung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

 

Überblick über das Urteil

Am 24. Mai 2023 entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Az.: 2 Sa 228/22) über den Beschäftigungsanspruch und das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses. Das Urteil stellt klar, dass ein Arbeitsverhältnis durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers und die Entgegennahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber zustande kommt, selbst wenn die Schriftform für den Arbeitsvertrag nicht eingehalten wurde.

Wichtige Aspekte des Urteils

Arbeitsaufnahme und Beschäftigungsanspruch: Das Gericht entschied, dass die Klägerin, eine Fachärztin in der Neurologie, durch ihre Arbeitsaufnahme ihrer Tätigkeit als Stationsärztin und die Entgegennahme ihrer Arbeitsleistung durch die beklagte Klinik einen Anspruch auf Beschäftigung hat. Die Beklagte kann sich nicht auf die Nichteinhaltung der Schriftform berufen, da sie der Klägerin einen konkreten Arbeitsplatz angeboten hat, den diese angenommen hat.

Schriftform: Die Klinik machte der Ärztin hier einen Vorschlag für einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Dieser wurde nicht unterschrieben, die Arbeit wurde durch die Ärztin aufgenommen. Die Arbeitgeberin kann sich hier nicht auf die Einhaltung der Schriftform berufen, weil sie der Arbeitnehmerin hierzu im Widerspruch einen konkreten Arbeitsplatz angeboten hat, welchen der Arbeitnehmer durch Arbeitsleistung angenommen hat.

Unwirksame Versetzung: Nachdem kein schriftlicher Arbeitsvertrag zustande kam, da die Ärztin diesen nur mit Änderungen akzeptieren wollte, versetzte die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin auf einen (früheren) Arbeitsplatz in einer angegliederten Reha- Klinik. Der Betriebsrat stimmte dieser Versetzung nicht zu. Die Versetzung der Klägerin in diese andere Klinik wurde daher vom Gericht als unwirksam erklärt. Die Klägerin arbeitet daher auf Ihrem Wunsch-Arbeitsplatz, auch wenn kein schriftlicher Vertrag besteht. 

Relevanz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Dieses Urteil verdeutlicht, dass Arbeitgeber die Abfassung eines schriftlichen Arbeitsvertrages nicht als Schutzschild verwenden können, wenn sie Arbeitnehmer faktisch beschäftigen. Für Arbeitnehmer bedeutet dies einen stärkeren Schutz ihrer Rechte, insbesondere wenn sie ihre Arbeitsleistung bereits erbracht haben.

Fazit

Die Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BAG zum faktischen Arbeitsverhältnis, und wendet diese auf angestellte Ärztinnen und Ärzte an. Es ist Arbeitgebern dringend zu empfehlen, genau im Vorfeld zu überlegen, ob man den Arzt oder die Ärztin ohne vorherige vertragliche Vereinbarung beschäftigt. Im Zweifel ist das Risiko des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses durch bloße Tätigkeitsaufnahme für den Arbeitgeber zu hoch und ein Nachverhandeln schwierig!