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Verjährung und Ausschluss von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis

29. Januar 2019 | von Gabriele Leucht

Vorsicht bei neuen Arbeitsverträgen und Änderungsverträgen während bestehender Arbeitsverhältnisse. Nach der Beendigung von Arbeitsverträgen können noch lange Nachwehen eintreten. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung noch einmal eine wichtige Klarstellung vorgenommen.

Überblick und Besprechung BAG, 18.9.2018, 9 AZR 162/18

 

Verjährung von 3 Jahren – der „Normalfall“

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verjähren grundsätzlich innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt allerdings erst mit Ende des Kalenderjahres, in welchem der Anspruch entstanden ist. Hat ein Arbeitnehmer also einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis z.B. die Abgeltung von Überstunden im Januar „erworben“, beginnt die Verjährung mit dem 31.12.2016 und läuft nach drei Jahren, also am 31.12.2019 ab. Das ist besonders für Ansprüche relevant, die durch oder bis zur Beendigung eines Arbeitsvertrages entstehen. Erst 3 Jahre nach dem Ende kann sich der Arbeitgeber sicher sein, dass der ehemalige Arbeitnehmer nicht noch Ansprüche geltend machen kann.

Diese lange Verjährungsfrist kann und wird regelmäßig in Arbeitsverträgen durch sogenannte Ausschlussklauseln verkürzt. Es wird wohl in der Praxis nur noch selten Arbeitsverträge geben, in welchen eine solche Klausel nicht vorhanden ist, genauso wie ein Ausschluss sich auch in den Tarifverträgen finden lässt.

Ausschlussklausel

Meistens sind solche Ausschlussklauseln „zweistufig“ gestaltet und bestimmen, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche zunächst innerhalb einer bestimmten Frist, oft von 3 Monaten geltend machen muss und danach innerhalb einer weiteren Frist beim Arbeitsgericht eingeklagt werden müssen und sonst verfallen.

Zwei wesentliche Aspekte sind inzwischen bei solchen Klauseln zu beachten, damit sie wirksam sind:

a. Einführung der Textform im BGB ab 1.10.2016

Ab 1. Oktober 2016 trat der neue § 309 Abs. 1 Nr. 13 b BGB in Kraft. Dieser gilt auch für Arbeitsverträge und verpflichtet den Arbeitgeber, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen „in Textform“, also insbesondere auch per E-Mail oder durch SMS, Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Bis zur Einführung dieser Vorschrift, wurde in Arbeitsverträgen meistens Schriftform verlangt. Schriftform erfordert dabei insbesondere die eigenhändige Unterschrift – im Original, so dass auch ein Unterschriebenes Telefax nicht ausreicht. Dies ist nun nicht mehr zulässig. Arbeitsverträge, die nach dem 1.10.2016 geschlossen sind und noch das Schriftformerfordernis beinhalten, führen zur Unwirksamkeit der Regelung insgesamt – statt der vereinbarten Verfallsfrist gilt dann wieder die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren.

 

b. Ausschluss von gesetzlichen Ansprüchen für Klauseln ab dem 16.8.2014 – BAG, Urt. vom 18.9.2018

Mit Urteil vom 18.9.2018 hat das Bundesarbeitsgericht eine weitere Einschränkung bestätigt, die bis dahin in der juristischen Literatur umstritten war: eine Ausschlussklausel kann danach nur wirksam sein, wenn der Arbeitnehmer darauf hingewiesen wird, dass der Ausschluss nicht für Ansprüche gilt, welche kraft Gesetz der vereinbarten Ausschlussfrist entzogen sind. Das sind z.B. insbesondere Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz das am 14.08.2014 in Kraft getreten ist.

Eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel ist deshalb vollständig unwirksam, wenn sie ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 1. Januar 2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass für das Arbeitsverhältnis tatsächlich nur der Mindestlohn vereinbart ist, sondern auch Arbeitsverhältnisse, welche weit über dem Mindestlohn entlohnt werden, sind  davon betroffen.

 

Neuverträge/Änderungsverträge

Bei Vereinbarungen mit dem Arbeitnehmer, welche erst während des bestehenden Arbeitsverhältnisses geschlossen werden, ist besondere Vorsicht geboten. Normalerweise schließen diese Vereinbarungen mit dem Satz „die bestehenden Vereinbarungen aus dem Arbeitsvertrag vom xx.xx.xxxx bleiben unberührt“. Durch diese Klausel werden die Alt-Regelungen aber mitaufgenommen in diese Vereinbarungen und werden von der Rechtsprechung so behandelt, als wären sie erst zum Zeitpunkt der neuen Vereinbarung geschlossen. Dies bedeutet, dass alle Vereinbarungen mit der aktuellen Rechtslage in Einklang stehen müssen und ansonsten unwirksam sein können. Dann gilt das „Privileg“, dass in alten Verträgen die jetzige Rechtsänderungen nicht berücksichtigt werden konnten und „Altklauseln deshalb wirksam bleiben nicht mehr. Das kann im Einzelfall weitreichende, v.a. finanzielle Folgen haben. Daher ist es ratsam, in den Änderungsvertrag eine neue, rechtswirksame Version insb. der Ausschlussklausel aufzunehmen.

 

Unser Tipp für Arbeitgeber: 

Überprüfen Sie Ihre Arbeitsverträge und Änderungsverträge, welche seit dem 1. Januar 2015 abgeschlossen wurden, ob diese eine sichere Ausschlussklausel enthalten. Sollte dies nicht der Fall sein, empfehlen wir mit den Arbeitnehmern eine entsprechende Klausel zu vereinbaren.