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Urlaub à la Brüssel

05. April 2019 | von Gabriele Leucht

Ohne konkreten Hinweis des Arbeitgebers verfällt in Zukunft der Anspruch auf Urlaub des Arbeitnehmers nicht mehr automatisch

Urlaubsgewährung und Urlaubsabgeltung in neuerer Rechtsprechung

Vorlage-Frage des Bundesarbeitsgerichts an den EuGH, Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 6. November 2018, Rechtssache C-684/16

 

Zum Fall:

Ausgangslage:

Nach dem Bundesurlaubsgesetz, gemäß § 7 Abs. 3 muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden, eine Übertragung auf das folgende Kalenderjahr ist nur ausnahmsweise statthaft, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Wird der Urlaub nicht mit einer entsprechenden Begründung übertragen, verfällt der nicht genommene Urlaub des Arbeitnehmers grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres.

Der Arbeitnehmer erhält dann also weder bezahlte Freizeit noch einen geldwerten Anspruch.

Der EuGH entschied nun, dass ein „automatischer“ Verfall des Urlaubsanspruches am Ende des Kalenderjahres nicht mit europäischem Recht vereinbar ist.

 

Im Detail:

Der klagende Arbeitnehmer war vom 1.8.2001 bis zum 31.12.2013 auf Grundlage mehrere befristeter Verträge bei der Max-Planck-Gesellschaft beschäftigt.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 bat die Max-Planck-Gesellschaft ihren Arbeitnehmer, seinen Urlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Das Schreiben enthielt keine Verpflichtung, den Urlaub an einem bestimmten Termin zu nehmen. Der Arbeitnehmer nahm daraufhin zwei Urlaubstage, und forderte weitere 51 Urlaubstage mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 als Zahlung in Geld in Höhe von 11.979 €. Der Arbeitgeber weigerte sich, dies zu zahlen. Der Fall beschäftigte drei Instanzen der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit, das Bundesarbeitsgericht entschied sich, die nach europäischem Recht ungeklärten Fragen dem europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Konkret stützt sich das Bundesarbeitsgericht auf Art. 7 der Richtlinie 2003/88, welche folgenden Wortlaut hat:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.“

Der EuGH entschied nun im oben genannten Verfahren, dass der Urlaubsanspruch nicht etwa am Ende des Jahres verfallen war sondern der Arbeitnehmer noch Urlaub aus den Jahren 2012 und 2013 geltend machen konnte.

Weiterhin führt der EuGH in seinem Urteil konkret aus, welche Verpflichtungen sich für den Arbeitgeber ergeben, damit der Arbeitnehmer seinen Urlaub in Anspruch nimmt, und unter welchen Umständen der Urlaubsanspruch doch am Ende des Jahres untergehen kann.

Der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmer nicht zwingen den bezahlten Jahresurlaub tatsächlich wahrzunehmen. D.h. er muss ihm nicht einen bestimmten Zeitraum zuweisen, in welchem der Erholungsurlaub genommen werden muss.

Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen “. Dies soll dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer frühzeitig und förmlich dazu auffordert, seinen Erholungsurlaub zu nehmen. Er muss den Arbeitnehmer auch darauf hinweisen, dass der Urlaub, wenn er nicht genommen wird, verfallen kann.

Wenn nach dieser Aufforderung der Arbeitnehmer dann aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Konsequenzen, keinen bezahlten Erholungsurlaub nimmt, kann der Urlaub verfallen.

Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Rechtsprechung des EuGH sich nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen, bzw. 20 Jahresurlaubstagen bei einer 5 Tage Woche bezieht. In den Arbeitsverträgen kann für den übergesetzlichen Urlaub eine andere Regelung getroffen werden. Diese Unterscheidung muss aber klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden.

 

Unser Tipp: 

Weisen Sie Ihre Arbeitnehmer in einem möglichst individualisierten Schreiben darauf hin, wie viele Urlaubstage noch genommen werden können, und dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn dieser nicht genommen wird.