Umkleidezeit im Klinikum für Ärztinnen und Ärzte als Arbeitszeit
20. Oktober 2024Zusammenfassung BAG Urteil vom 23.04.2024 – 5 AZR 212/23
von RAin Gabriele Leucht und Ref. iur. Carolin Arnold
Am 23. April 2024 hat der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Urteil 5 AZR 212/23) ein Urteil zur Vergütung für Umkleide-, Wege- und Körperreinigungszeiten gefällt.
Das Gericht entschied, dass innerbetriebliche Umkleidezeiten, Wegezeiten zwischen Umkleideraum und Arbeitsplatz sowie Körperreinigungszeiten in bestimmten Fällen vergütungspflichtige Arbeitszeit sind. Dies ist der Fall, wenn das Umkleiden und Reinigen fremdnützig erfolgt, also im Interesse des Arbeitgebers ist.
Diese Entscheidung beruht auf § 611a BGB wonach auch jede vom Arbeitgeber verlangte Tätigkeit oder Maßnahme die im engen Zusammenhang mit der eigentlichen Arbeitsleistung steht als Arbeitsleistung zählt und als diese vergütungspflichtig ist. Entscheidend ist dabei, dass diese Tätigkeiten ausschließlich fremdnützig sind und nicht den privaten Interessen des Arbeitnehmers dienen.
Die Wegezeiten vom Umkleideraum bis hin zum Arbeitsplatz sowie die Umkleidezeiten sind als Arbeitszeit anzusehen und als diese auch zu vergüten, wenn die Arbeitskleidung vom Arbeitgeber gestellt wird, diese auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb verbleiben soll und nur dort getragen werden darf.
Körperreinigungszeiten sind dann als Arbeitszeit anzusehen, wenn sie mit der eigentlichen Arbeitsleistung im engen Zusammenhang stehen und ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dienen. Dies insbesondere dann, wenn die Körperreinigung ausdrücklich durch den Arbeitsgeber angeordnet wird oder zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschriften eine solche verlangen. Dies gilt auch, wenn dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann ohne vorherige Körperreinigung Privatkleidung anzulegen und den Arbeitsplatz zu verlassen.
Bedeutung für Ärzte und Ärztinnen in Kliniken
Dieses Urteil ist auch für Ärzte und Ärztinnen in Kliniken von großer Bedeutung. In vielen Krankenhäusern ist das Tragen spezieller Dienstkleidung, wie OP-Kleidung, verpflichtend und darf nur im Krankenhaus getragen werden. Die Wegezeiten vom Umkleideraum zur Station oder in den Operationssaal sowie die Zeit, die für das Umkleiden benötigt wird, könnten nach dieser Rechtsprechung ebenfalls als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten.
Zudem sind Ärzte und medizinisches Personal oft strengen Hygieneregeln unterworfen. Wenn Körperreinigungszeiten – etwa das Duschen nach besonders schmutzintensiven Eingriffen oder Arbeiten – aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene erforderlich sind, können auch diese Zeiten nach dem Urteil des BAG als Arbeitszeit anerkannt werden.
Für Kliniken und Ärzte könnte dies zu Änderungen in der Arbeitszeiterfassung und der Vergütung führen. Ärzte sollten daher prüfen, ob sie für Umkleide- und Reinigungszeiten Anspruch auf Vergütung haben und ob diese Zeiten korrekt erfasst werden.