Foto: Scott Graham, Unsplash

Befristete Arbeitsverträge von Arbeitnehmern/Ärzte in Weiterbildung - Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 2018 (1 BvR 1375/14), Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Juni 2017 (7 AZR 597/15)

19. Juli 2018 | von Gabriele Leucht

Das Recht der befristeten Verträge für Arbeitnehmer ist sehr vielschichtig und komplex. Die Wirksamkeit befristeter Verträge ist aber von hoher praktischer Relevanz, weil unwirksame Befristungsregelungen zur Folge haben, dass ein Arbeitsvertrag nicht zum vereinbarten Zeitpunkt endet, sondern unbefristet fort gilt. Der folgende Beitrag soll lediglich dazu dienen die beiden oben genannten Entscheidungen und deren Bedeutung für die Praxis zu erläutern.

Für die Befristung von Arbeitsverträgen in Praxis und Krankenhaus bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Befristung mit oder ohne Sachgrund. Der wesentliche Unterschied ist, das befristete Verträge mit Sachgrund auch mehrmals hintereinander befristet werden können, während Befristungen ohne Sachgrund nur maximal dreimal bis zu einer Gesamthöchstdauer von 2 Jahren vereinbart werden dürfen (Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG).

 

Sachgrundlose Befristung

Das Bundesarbeitsgericht hatte solche ohne Sachgrund befristete Verträge auch dann (wieder) für zulässig angesehen, wenn mit dem gleichen Arbeitgeber / der gleichen Arbeitgeberin ein vorangegangenes Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurücklag.

Dieser richterlichen Rechtsfortbildung hat nun das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2018  eine Absage erteilt. Hat bereits eine Vorbeschäftigung stattgefunden, sind neue Befristete Verträge ohne Sachgrund nicht mehr zulässig, unabhängig davon, wie lange das vorherige Arbeitsverhältnis bereits beendet ist.

 

Befristung für Weiterbildungsstellen

Sonderregelungen bestehen für die Befristung von Verträgen mit Ärztinnen und Ärzten zur Weiterbildung nach dem Gesetze über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG). Nach diesem Gesetz sind Verträge mit Ärzten dann zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis dem Erwerb einer Facharztbezeichnung, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung eines Fachkundenachweises oder einer fakultativen Weiterbildung dient.

Das Bundesarbeitsgericht hatte dazu einen Fall zu entscheiden, in dem eine Ärztin zur Weiterbildung für den internistischen Schwerpunkt Gastroenterologie angestellt worden war.

Nach Ablauf der für 2 Jahre dauernden Befristung hatte die Ärztin die Schwerpunktweiterbildung noch nicht erfolgreich abgeschlossen und hat mit ihrer sogenannten Befristungskontrollklage die Feststellung beantragt, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit dem vereinbarten Ablaufdatum geendet habe. Das Arbeitsgericht hatte die Klage noch abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hatte ihr stattgegeben. Die Arbeitgeberin hat vor dem Bundesarbeitsgericht in der Revision beantragt, die Entscheidung des Arbeitsgerichts wieder herzustellen, also auszusprechen, dass die Befristung wirksam war und damit das Arbeitsverhältnis beendet ist.

Zum Verhängnis geworden ist dem ausbildenden Krankenhaus die bisher durchaus übliche Praxis, eine Befristung der Ärztin / des Arztes in Weiterbildung lediglich mit einem Verweis auf den oben zitierten § 1 ÄArbVtrG zu stützen, und im Arbeitsvertrag lediglich festzuhalten, dass das Arbeitsverhältnis dem Erwerb einer der genannten Weiterbildungsqualifikationen dient.

Auch nach Ansicht des BAG ist es zwar nicht erforderlich, dass im Arbeitsvertrag ausdrücklich die konkrete Weiterbildung, hier also der Erwerb der Schwerpunktbezeichnung  Gastroenterologie erwähnt wird oder dass der Befristungsgrund überhaupt genannt wird. Vielmehr kommt es darauf an, dass das Arbeitsverhältnis einer zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung dient. Dazu muss der Beschäftigung der Ärztin / des Arztes eine Planung über die während der des Arbeitsverhältnisses zu vermittelnden Weiterbildungsinhalte zugrunde gelegt werden, die auf seinen konkreten Weiterbildungsbedarf zugeschnitten ist. Zwar ist es dazu nicht nötig, einen im Detail ausgearbeiteten schriftlichen Weiterbildungsplan vorzulegen oder Arbeitsvertrag anzuhängen. Aber der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin ist im Streitfall beweispflichtig dafür, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die bestehenden Planungen und Prognosen die ordnungsgemäße Weiterbildung ermöglicht. Im Streitfall war vom Krankenhaus nicht nachzuweisen, nach welcher Fassung der Weiterbildungsordnung die Weiterbildung erfolgen sollte und welche Teile der Weiterbildung gar nicht mehr vermittelt werden sollten, weil sie die Ärztin bereits abgeschlossen hatte. Damit war nach Ansicht der Richter die Befristung unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis nicht endete, sondern unbefristet weiterbestand.

Schon aus Beweiszwecken kann nur empfohlen werden, im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufzunehmen, für welche Weiterbildung die Anstellung erfolgt, und eventuell das – für die Erlangung der Weiterbildungsbefugnis ohnehin erforderliche – Weiterbildungscurriculum als Anlage zum Vertrag zu nehmen. Kenntnisse, die der Arzt bereits erworben hat und nachweisen kann, sollten dabei aus dem Weiterbildungsplan gestrichen werden. Und dann sollte die Weiterbildung auch tatsächlich wie geplant erfolgen.

Für Arbeitgeber ist zu beachten, dass die Befristung der Weiterbildungsstelle nicht länger dauern darf als die Weiterbildungsbefugnis ermöglicht. Kürzere Befristungen zum Erwerb lediglich eines definierten Teils der Weiterbildung sind dabei natürlich zulässig.

 

Fristen für die Geltendmachung:

Die Umwandlung des auf dem Papier befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist allerdings nicht zeitlich unbegrenzt möglich. Hier muss die angestellte Ärztin/der angestellte Arzt innerhalb von drei Wochen nach dem vertraglichen Ende des Arbeitsverhältnisses Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Tut er dies nicht, gilt die Befristung als wirksam, und das Arbeitsverhältnis gilt zum im Vertrag festgelegten Zeitpunkt.

Unser Tipp: 

Lassen Sie die Befristungsklauseln in den Arbeitsverträgen überprüfen!